
Dancer of the Year
Trajal Harrell (Zürich / New York)
Festivalabschluss | Ohne gesprochene Sprache | ab 12 Jahren

Die Ehrung traf ihn gänzlich unerwartet und löste tiefgehende Überlegungen zu seiner Rolle als Künstler aus: Eine große deutsche Tanzzeitschrift versah Trajal Harrell mit dem Label „Tänzer des Jahres“. Die Auszeichnung war zugleich Ansporn, Rätsel und Infragestellung. Denn der hochsensible Amerikaner zeigt auf der Bühne immer, was er fühlt und wie er denkt, ohne sich selbst für ein tänzerisches Genie zu halten. Seine Rolle sieht er primär vor allem im Auflösen von Kategorien und Klassifizierungen. Zu den Tanzwelten, die er erkundete, gehören die volkstümlichen amerikanischen „hoochie-coochie“ Shows ebenso wie der Butoh-Tanz aus Japan, der New Yorker Postmodernismus und vor allem die der Mode so verbundene underground Szene des Voguing. Doch nie übernimmt Harrell in seinen Stücken Bewegungsmuster einer Community. „Wenn ich ins Tanzstudio gehe, bin ich frei und suche nach Neuem“, erklärt er. Und streicht jede Hierarchie zwischen Gesten des Alltags und akademischem Vokabular. In rebellischer Sanftheit zweifelt Harrell an aller Anerkennung, die von außen kommt. Denn welches sind deren Kriterien, die letztendlich gesellschaftliche Fragmentierung in die Welt des Tanzes übertragen? In seinem Solo geht er diesen Fragen mit umso größerem Engagement nach, als er kurz nach der journalistischen Laudatio zum Hauschoreografen am Schauspielhaus Zürich berufen wurde. Dort ließ er sein künstlerisches Universum mit seinen Tänzer:innen in noch farbigeren Nuancen erstrahlen. Denn in Harrells Stücken wird die Bühne zu einem libertären Fashion-Laufsteg. Ein Tanzereignis, auch für Modefans.
Biografie TRAJAL HARRELL
Trajal Harrell erlangte internationale Anerkennung mit einer Werkreihe, in der er die Tradition des Voguing mit dem frühen postmodernen Tanz zusammenführt. Er gilt heute als einer der bedeutendsten Choreografen des zeitgenössischen Tanzes. In seiner neuesten Arbeit verwebt Harrell theoretische und formale Konzepte aus Voguing, Butoh und frühem Modern Dance. Indem er Verbindungen zwischen unterschiedlichen Tanzkulturen herstellt, rückt er den Körper ins Zentrum seiner künstlerischen Forschung und untersucht, auf welche Weise er als Speicher von Erinnerung, Vergangenheit und historischen Figuren fungiert, die das Werk inspirieren. Durch die Verschränkung von Zeit, Geschichte und transkulturellen Referenzen offenbart Harrell die Vielzahl von Schichten, die die Geschichte des zeitgenössischen Tanzes so reich und komplex machen.
Harrells Arbeiten wurden unter anderem präsentiert beim Kunstenfestivaldesarts in Brüssel, der Kunsthalle Bern, der Aichi Triennale, MUDAM Luxemburg, Holland Festival in Amsterdam, Kunsthalle Zürich, Fondation Cartier in Paris, Biennale von São Paulo, Lafayette Anticipations in Paris, Gwangju Biennale, Impulstanz Wien, Manchester International Festival, Museum Ludwig Köln, Kanal Pompidou Brüssel, Festival d’Automne in Paris, The Kitchen New York, Barbican Centre London, Hammer Museum Los Angeles, Tanz im August Berlin, Documenta – Parliament of Bodies in Kassel, MoMA New York, Festival d’Avignon, Palais de Tokyo Paris, Centre Pompidou Paris, Stedelijk Museum sowie Holland Festival Amsterdam, Centre Pompidou Metz, MoMA PS1 New York, Performa Biennale New York, The New Museum New York, Walker Art Center Minneapolis und Brooklyn Academy of Music New York.
Im Jahr 2023 wurde Harrell eingeladen, für den prestigeträchtigen Cour d’honneur der 77. Ausgabe des Festival d’Avignon eine Arbeit zu kreieren. Später im selben Jahr widmete das Festival d’Automne in Paris ihm ein Porträt und zeigte neun seiner Arbeiten in der französischen Hauptstadt. 2024 wurde Harrell mit dem Silbernen Löwen der Tanzbiennale Venedig ausgezeichnet.
Weitere Informationen: www.zurichdanceensemble.ch
Credits
Choreografie + Performance + Kostüm + Sounddesign Trajal Harrell Dramaturgie Sara Jansen Technische Leitung Santiago Latorre Touring + International Relations + Management Björn Pätz / Zürich Dance Ensemble
Produktion Zürich Dance Ensemble Koproduktion Kunstenfestivaldesarts, Kanal – Centre Pompidou, ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival, Schauspielhaus Bochum, Bit Theatergarasjen, Festival d’Automne à Paris, Lafayette Anticipation, Museum Ludwig, Dampfzentrale Bern and Schauspielhaus Zürich
Kreation Kunstenfestivaldesarts, Brüssel, 10. Mai 2019
Hauptförderer
Die euro-scene Leipzig wird institutionell gefördert von der Stadt Leipzig, Kulturamt und durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus. Mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.